Ich würde gerne erneut über die dunkle Seite des Menschlichen sprechen, die aus meiner Sicht viele Menschen in der Gesellschaft negieren und nicht wahrhaben wollen, den Bezug zu dieser Facette in sich nicht einmal spüren.
Es ist zermürbend, wie viele Menschen sich aus Angst vor Kontrollverlust einreden, ein derartiges Schicksal, psychisch krank zu werden und eine Straftat zu begehen, könnte ihnen nicht passieren und sich in vermeintlicher Sicherheit wiegen.
Dabei sind die Lebensumstände doch so mächtig. Die Ursprungsfamilie, in die man hineingeboren wird, von der man geprägt wird, die Gesellschaft, in der man sozialisiert wird und die Veranlagung der eigenen Persönlichkeit, all diese Faktoren spielen eine Rolle bei der psychischen und seelischen Entwicklung eines Menschen.
Modefreak gleich Charaktermuffel?
Ich bin von allen Seiten gemobbt worden, von meiner Ursprungsfamilie, von Schulkameradinnen, in erster Linie von anderen Frauen. Mir wurde eingeredet, ich sei schlecht, wenn ich Dampf ablassen wollte, wurde das nicht akzeptiert, ich durfte überhaupt keine Fehler machen, ohne auf das Heftigste kritisiert und abgewertet zu werden. Wenn ich mich schön kleidete, redete man mir ein, ich sei ein Flittchen, ich sei oberflächlich und nur auf Äußerlichkeiten bedacht, ich sei eine Egoistin, die nur auf ihre eigenen Bedürfnisse ausgerichtet sei. Dies führte wiederholt dazu, dass ich dem Irrglauben erlag, ich dürfte überhaupt nichts mehr besitzen, müsste alles opfern, meine Wohnung verlassen und alles herschenken, ich hatte so ein schlechtes Gewissen. Ich wollte mein Leben für andere hergeben, was sicherlich eine edelmütige Sache sein kann, doch wenn sie aus der Motivation geschieht, sich aus der eigenen vermeintlichen Schlechtigkeit befreien zu müssen, ist es eine aggressive Handlung gegen mich selbst. Jetzt weiß ich, dass ich auch etwas haben und besitzen darf und dass ich mich auch schützen darf und selbst entscheiden darf, mit wem ich Kontakt haben möchte. Früher dachte ich oft, ich müsste mit allen auf Tuchfühlung gehen, damit niemand sich einsam fühlt, ich wollte alle retten. Nun wurde mir bewusst, dass ich nur für mich und meine eigene Entwicklung verantwortlich bin und dass ich niemandem etwas schulde. Alles, was ich geben will, ist Geschenk. Jeder geht seinen eigenen Weg, hat seine individuelle Entwicklung. Ich wünsche jedem alles Gute, denjenigen, mit denen ich keinen Kontakt haben möchte, schicke ich aus der Entfernung Liebe. Und bezüglich meines Kleidungsstils und der Vorliebe für schöne Dinge, möchte ich festhalten: Ich bin modeinteressiert, nicht mehr und nicht weniger, das ist kein Verbrechen, sondern darf sein. Das heißt noch lange nicht, dass ich nur auf mich schaue und dass andere mir gleichgültig sind.
Die Stimmfarbe als Indikator für mein seelisches Befinden
Irgendwann fühlte ich mich so schäbig und unschön, dass ich des Weiteren beschloss, meine Wut zu unterdrücken, unter Verschluss zu halten. Ich wurde nur dann akzeptiert, wenn ich lieb war, es wurden immer so hohe Erwartungen an mich herangetragen. Meine Stimme wurde immer leiser und heller, ich redete mir ein, ich müsste ganz rein sein, ohne aggressive Gefühle. Natürlich kamen sie mir hoch und jedes Mal verteufelte ich mich dafür, wodurch sie noch mehr an die Oberfläche wollten. Ich hatte die Aggression gegen mich selbst gerichtet, projizierte sie unbewusst auf andere und diese lebten sie für mich aus. Wenn man so in der Defensive ist, nutzen das viele aus und machen einen noch zusätzlich klein.
Ich sperrte meinen Schatten in den Keller, versteckte alle unangenehmen Gefühle in einer Schublade, bis sie aufplatzte und ich explodierte. Psychische Energie lässt sich nicht unterdrücken, früher oder später bahnt sie sich ihren Weg ans Licht. Dass jeder diese dunkle, dämonische Seite in sich trägt, das wusste ich damals nicht und ich wusste auch nicht, dass man mit ihr versöhnt sein muss, dass der Schatten auch wirklich im Keller bleiben kann, anstatt destruktiv ausgelebt zu werden.
Aber nicht nur Wut und Aggression unterdrückte ich mitleidslos, auch all die mentalisierten Gefühle wie Hass, Neid und Eifersucht, die meiner Meinung nach aus Bewertungen entstehen. Immer wenn etwas hochkam, fühlte ich mich total schlecht und hatte Schuldgefühle.
Die Farbe meiner Stimme war also immer heller und zerbrechlicher geworden, ich war absolut isoliert und ich dachte, meine Stimme müsste immer noch heller und sanfter werden, um meine Isolation zu beenden. Ich dachte, ich sei nicht schön genug innerlich und äußerlich, um Freunde zu haben. Heute weiß ich, dass ich deswegen so einsam war, weil die Tatsache, dass ich so viel zurückhielt, also meine mangelnde Authentizität eine Wand zwischen mir und anderen aufzog. Ich war mit 17 Jahren bereits in einer anderen Wahrnehmungswelt, ich sah meine Mitmenschen als unnahbare, unerreichbare Glamourgötter, denen ich niemals das Wasser reichen könnte. Die künstliche, abgehobene, distanzierte Mentalität im Gymnasium, meine Filmetraumwelt und der Wunsch, mich aus einer feindlichen Welt in eine harmonische zu fliehen, waren mitverantwortlich dafür. Die Psychose war auch eine Rebellion gegen das rigorose System und die bornierten Werte, die verschrobenen Prioritäten, die ich vermittelt bekam.
„Spielt immer die Prinzessin …“
Wie oft in meinem Leben habe ich diesen Satz gehört, ich würde immer die Prinzessin spielen oder ich sei so selbstverliebt und abgehoben. Aber das ist keine Show, ich beschäftige mich gerne mit schöngeistigen, tiefgründigen Ideen und Bereichen wie Natur, Kunst, Psychologie und Philosophie, Liebe, Ideale und mit allen lichtvollen Themen. Die Auseinandersetzung mit dem Genannten ist mein Hobby, meine Leidenschaft, meine Berufung, meine Bestimmung. Wie jede andere Frau, trage ich auch ich die Veranlagung zu gewissen Rollen in mir, ebenfalls die der Prinzessin. Ich spüre durch diese Rolle den Ansporn, ein liebenswürdiger, freundlicher Mensch sein zu wollen, achtsame Gedanken zu denken.
Das Prinzip des Guten, Schönen und Wahren zu verbreiten, ist mein Ziel. Gepaart mit Ehrlichkeit mir selber gegenüber und anderen gegenüber. Meine tägliche Verliebtheit geb‘ ich mir heute als Balsam für meine Seele!
Kontrastprogramm Psychose
Durch die Unterdrückung meiner Wut, kam ich immer wieder in die Situation einer Psychose. Meine Wut konnte ich nur ungehemmt in der Psychose ausdrücken. Nur wenn ich glaubte, andere seien schlecht, konnte ich sie ausdrücken. Wenn ich nicht in der Psychose war, dachte ich, andere wären besser als ich und versuchte es ihnen recht zu machen. Diese Phasen wechselten sich kontinuierlich ab.
In meiner ersten Psychose gipfelte die Angst, schlecht zu sein in dem von den Stimmen suggerierten Horrorszenario, ich sei der Teufel, ich sei schuld, dass das Böse in der Welt ist und ich müsste immer wieder auf die Welt kommen und die grausamsten Tode sterben als Strafe, bis man mich schließlich auslöschen würde, weil ich ein hoffnungsloser Fall sei, nur böse sei und unfähig, mich zu verändern.
Das war der angsteinflößendste Moment in meinem Leben, der furchtbarste Schmerz, den ich je gefühlt habe.
Irgendwann fühlte ich mich in meinem Selbstwert und in meiner Identität so angegriffen, dass ich den Spieß umdrehte und mir einredete, die anderen seien teuflisch und ich wäre die Einzige, die das Gute wollte. Anfangs dachte ich noch, dass es gute und schlechte Menschen gäbe, ich sah entweder Götter oder Teufel. Wie oft ging ich auf Phantom- und Hexenjagd, ich dachte, ich könnte aufgrund der Augen feststellen, wie ein Mensch wäre, wie oft fasste ich sehnsüchtigst Vertrauen, nur um dann wieder enttäuscht meine Meinung zu revidieren und mich verfolgt zu fühlen, wenn ich mich verletzt von Personen sah. Ich war permanent von fanatischem Argwohn elektrisiert und paralysiert, dachte immer, ich sei in Gefahr. Wenn jemand nett war, dachte ich, ich würde manipuliert werden, dass mich die Person eigentlich hasste. Wie oft ging ich zum Thalia und sah mir beispielsweise die Büchertische vom Nationalsozialismus an und versuchte das Böse in meiner Umgebung fieberhaft und getrieben zu identifizieren, ich dachte dann zum Beispiel, ein Bekannter sei das im früheren Leben gewesen und erstarrte regelmäßig. Aber ich sah mir auch Bücher mit Menschen an, die zu Mythen geworden waren, in denen ich das Göttliche ortete. Ich sah Gut und Böse im Absoluten, nicht als normale menschliche Anteile. Doch schließlich dachte ich, alle würden mich hassen und seien nur schlecht. Zu dieser Wahrnehmung, so ehrlich möchte ich wirklich sein, hatten auch mein eigener Neid auf andere, das Gefühl unterlegen, dumm und peinlich zu sein, geführt. Wenn also alle schlecht waren, musste ich mich deswegen nicht mehr schuldig fühlen, es war in dieser Vorstellung alles die Schuld der anderen. Auch damals hatte ich grauenvolle Ängste, ich dachte die Menschen wollten mich für immer quälen und dass die höheren Mächte auch teuflisch wären und ich ihnen ausgeliefert wäre, dass sie mir die schlimmsten Tode immer wieder antun würden. Dass ich die Einzige sei, die die Liebe wollte. Aus dem dadurch entstandenen Verfolgungswahn heraus schaltete ich den Kurs auf Selbstverteidigung. Ich versuchte Kontakte zu positiven Stimmen herzustellen, so sehr hoffte ich, dass es die Liebe gab und dass sie an der Macht sei. Wie sehr ich mich von anderen gehasst, gequält und gefoltert fühlte und die Inhalte meines Wahngebäudes kann man in meinem Buch „Das Universum in meinem Herzen“ nachlesen. So unangepasst und unangemessen mein aggressives Verhalten auch anderen vorkommen musste, meiner eigenen Einschätzung der Verhältnisse entsprach es und war es angemessen. Ich wollte die Liebe retten und gegen das Böse kämpfen.
Mein Wahngebäude umfasste eine riesige Story mit unfassbar vielen Informationen und Konstrukten. Immer wenn ich es durch irgendetwas in Frage gestellt sah, tat ich alles um es zu manifestieren, indem ich Erklärungen für alles, was nicht dazu passte, fand. Mein Selbstwert hing an diesem Wahngebäude, dass ich dieses „letzte Einhorn“ wäre, es war gleichzeitig aber ebenso mein größter Schmerz und Angstauslöser.
Plädoyer für die Werthaftigkeit aller Lebewesen
Wenn mir heute jemand sagt, er fühle sich dumm, langweilig, schlecht und einfach wertlos, gehe ich auf die Barrikaden und breche eine Lanze für die Kostbarkeit dieses Lebens. Eben weil ich selbst genau weiß, wie es ist, wenn man sich so fühlt, entsteht in mir dieses Feuer, dafür kämpfen zu wollen, dass niemand an einem Minderwertigkeitskomplex zerbrechen muss.
Gefühle sind für mich Gäste, die mich besuchen, aber auch wieder gehen.
Wenn ich etwas dazu beitragen kann, dass Menschen erkennen, dass sie tief in sich drinnen wunderbar und lichtvoll, pure Liebe sind, möchte ich das auf jeden Fall tun. Unsere Seelen haben durch den physischen Körper und das Erleben der Dualität in uns und in dieser Welt die Chance, uns zu diesem ursprünglichen Bewusstsein zu entwickeln.
Lasst uns alle sehen und spüren, dass wir unsere Blüten entfalten, in unserer Schönheit erblühen können und dürfen!
Viel Sonnenschein, Strahlkraft und farbenfroh gedüngtes Wachsen und Blühen!
Ganz liebe Grüße,
Barbara
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Markene (Dienstag, 08 November 2022 16:00)
Liebe Barbara, danke dafür, dass du deine Gedanken und Erkenntnisse mitteilst. Das finde ich anregend und interessant, und ich schätze deine Texte sehr. Ich denke, wenn sich eine Frau gern als "Prinzessin" fühlt, so ist das o.k., wenn das für die betreffende Frau passt. Es geht nicht darum, ob sie das darf. Denn wer ist denn die Instanz, die darüber urteilt? Mir geht's so, dass ich mit Prinzessin" wenig anfangen kann, vielleicht weil ich die Monarchie und Aristokratie ablehne und mit "Prinzessin" für mich auch Hierarchie verbunden ist. Und ich bin mir unsicher, wie ich mich gegenüber Prinzessinnen verhalten soll. Die haben in den Märchen keine Freundinnen und die Prinzen müssen sich in lebensgefährliche Abenteuer stürzen, um in ihre Nähe zu kommen. Ich habe ein modernes Frauenbild, gönne es aber jeder Frau, sich als Prinzessin gut zu fühlen.
Darin stimmen wir wahrscheinlich überein, dass wir toleranter sein sollen, die Eigenheiten anderer schätzen sollen und das Vergleichen, Normieren, und Bewerten unterlassen sollen.
Barbara Christina (Mittwoch, 09 November 2022 21:51)
Hallo liebe Marlene!
Ich glaube, dass in jeder Frau jede Rolle prinzipiell angelegt ist, jedoch natürlich unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Das hängt wahrscheinlich mit verschiedenen Lebensphasen, Sozialisation und Erziehung zusammen, mit der oft daraus resultierenden Selbstwahrnehmung.
Aber gleichsam das Aussehen und Auftreten, ebenso das Feedback anderer auf die eigene Person kann darauf einen Einfluss nehmen. Meiner Anschauung nach drückt jede Frau die Rolle aus, die ihr ein Bedürfnis und Anliegen ist. Ich meinte im Hinblick auf Prinzessin sein, dass ich nach Idealen streben möchte ohne mir Fehler zu verbieten. Keineswegs bin ich daran interessiert, eine hierarchisch scheinbar höhere Position einzunehmen, so etwas will ich wirklich nicht. Auch wollte ich nicht die verdichtete Handlung von einem Märchen betonen, ich finde die Zusammenhänge aber sehr interessant, die du anstellst. Ob Fee, Elfe, Glucke, Amazone, kleines Mädchen, Mutter, Kriegerin oder auch Prinzessin und vieles mehr - jede Frau kann in verschiedene archetypische Bilder schlüpfen, wenn sie möchte, es einfach ausprobieren ohne Vorurteile und ohne so viel damit zu verknüpfen. Das ist auch die Grundlage für eine schauspielerische Darstellung.
Ich freue mich auf ein baldiges Wiedersehen? Alles Liebe bis dahin!
Schöne Grüße,
Barbara Christina